
Thomas Geßner über seinen Werdegang
Vom Seelsorger zum Systemaufsteller und Buchautor.
Kategorie: Lebenshilfe / Inneres Wachstum
Keywords: Aufstellungsarbeit, Wilfried Nelles, Psychologie, Spiritualität
Lieber Thomas, was hat Dich veranlasst Deinen Beruf als Seelsorger aufzugeben und Dich der spirituellen Psychologie zuzuwenden?
Ich bin im Grunde Seelsorger geblieben, nur mit anderen Mitteln. Ich war Pfarrer an der Herderkirche in Weimar, einer große Kirche mit einem riesigen Team und jährlich 200 Tsd. Touristen. Mir ging es nicht gut und ich habe die Aufstellungsarbeit entdeckt als etwas, das mir Erleichterung und Klärung verschafft. Im ersten Moment dachte ich, das will ich lernen und so ist es gekommen. Bei Wilfried Nelles und Heinrich Breuer am früheren europäischen Institut für Systemaufstellungen in der Eifel konnte ich das "Aufstellen" lernen, mit Diplomausbildung zum Systemaufsteller.
Und diese Aufstellungsarbeit, die verlangte mehr Raum mitten im Pfarramt. Ich habe nebenamtlich ganz offiziell mit Schmerzpatientinnen und Schmerzpatienten aufgestellt, aber auch alles andere was im Pfarramt zu tun war, bis hin zur Theologie und den Predigten. Ich wurde davon durchdrungen. Irgendwann kam der Tag, an dem es mir aus heutiger Sicht zu eng wurde. Damals hatte ich das Gefühl, ich muss es tun, ich würde gerne ausschließlich Aufstellungsarbeit machen.
Auf einmal gab es in meinem Leben Platz und dann habe ich diesen Schritt vollzogen. Eine Weile versuchte ich noch es innerhalb der Kirche auszuüben, mit einer speziell darauf zugeschnittenen Stelle. Das war alles nicht möglich. Daraufhin bin ich aus dem Pfarrdienst gegangen, in Frieden mit Ehre und auch Traurigkeit. Und bis heute sind kirchliche Institutionen zu einem gewissen Anteil meine Klientinnen und Klienten, was mich sehr freut.
Thomas Geßner schafft mit "WIE WIR LIEBEN" einen inneren Raum, wo man sich selbst begegnen kann. Wir haben ihn im Interview zum "Entwicklungsprozess der Liebe" befragt, von dem das Buch handelt.
Geboren 1964 in Halle (Saale), wuchs Thomas Geßner als „Pfarrerskind“ in einer musikalisch und literarisch interessierten Umgebung auf. Durch die kritische Haltung seiner Familie gegen das System der früheren DDR war ihm die alltägliche Zugehörigkeit zu den Altersgenossen verwehrt. Er wollte Medizin studieren, wurde jedoch wegen verweigerter Jugendweihe nicht zum Abitur zugelassen. So lernte er zunächst das Tischlerhandwerk, holte später die Hochschulreife nach und studierte Theologie.
Er war 20 Jahre lang evangelischer Pfarrer, bevor er sich 2011 nach gründlicher Ausbildung ganz dem Aufstellen zuwandte. Heute arbeitet er freiberuflich als Lehrtherapeut (DGfS) für Systemaufstellungen und als Berater, sowohl in seiner Geburtsstadt Halle (Saale) als auch deutschlandweit und in vielen europäischen Ländern.